Nach unserem Ausflug ans Meer und der Weiterreise nach Santa Marta, waren wir erstmal planlos und irgendwie auch lustlos. Die spontane Entscheidung das Republica Hostel zu buchen (dieses Mal haben wir uns tatsächlich innerhalb von drei Minuten für das Hostel entschieden und nicht wie üblich stundenlang Bewertungen gelesen und abgewägt – scheinbar eine Aktivität, die von allen Backpackern recht ausdauernd betrieben wird) sollte sich aber als goldrichtig herausstellen. Das Hostel liegt mitten in der Innenstadt und unweit der Strandpromenade. Neben der guten Lage, ist aber insbesondere die Unterkunft selber herauszustellen. Das Gebäude ist eine alte (pinke ?) Stadtvilla mit einem riesigen Innenhof, der Platz für einen schönen Pool, Liegen und zahlreiche Hängematten sowie anderen Sitzmöglichkeiten bietet. Die Decken der alten Villa waren auch hier wieder Meter hoch, sodass eigentlich immer ein angenehmer Wind durch die Unterkunft ging und man sich trotz der Hitze nicht eingeengt fühlte. Außerdem haben uns die Dekoration und die Aufmachung einfach gut gefallen und auch das kleine Frühstück war top. Ergo gab es für uns erstmal keinen Grund weiterzureisen, sodass wir ganze 6 Nächte (solange waren wir seit unserem Abflug im Oktober nicht mehr an einem Ort) blieben. Jetzt könnte man meinen, dass Santa Marta als Stadt wohl auch einiges zu bieten gehabt haben muss, abgesehen von den Arepas im Restaurant um die Ecke ist das aber nicht wirklich der Fall. An dem Punkt müssen wir nochmal einen kleinen kulinarischen Ausflug machen. Im letzten Beitrag hatten wir schon von dem Arepa con huevo berichtet. Das ist aber nicht die einzige Form in der es Arepas gibt. Ziemlich beliebt ist nämlich auch die Variante des arepa con queso. Anstelle eines organgelben Maismehls, wird für den Teig dieses Arepas ein helles Maismehl verwendet, das zusammen mit Milch, Wasser und gaaannz viel Käse ? zu einem Teig verarbeitet wird und als runder, etwas dickerer Fladen gebacken wird. Traditionell wird dieser Arepa am Straßenrand gebraten und mit einer zusätzlichen Käsefüllung und Salsas verkauft. Das ist auch wirklich beliebt bei den Kolumbianern; konnte uns aber nicht so vom Hocker reißen. Bis wir dann in Santa Marta ins Restaurant Lulo gingen, das das Gericht neu interpretierte. Hier stellt das Arepa die Grundlage für einen gigantischen Turm an Leckereien dar, ist quasi der Pizzateig, der belegt wird. Das Restaurant bietet circa zehn verschiedene Varianten an und obwohl wir noch 2 weitere Male hier einkehrten, haben es nur zwei Varianten zu uns auf den Tisch geschafft, da diese beiden so gut waren, dass man nicht riskieren konnte eine neue auszuprobieren, die ggf. nicht derart gut war. Zum einen hat uns die Variante mit dicken Bohnen, Kochbananen, Pico de Gallo, einem Flecks Sour Cream und Avocado richtig begeistert. Zum anderen war auch die Variante mit Pulled Beef, Pico de Gallo und Avocado richtig lecker!




Im Übrigen konnte man in dem Laden auch richtig gutes Ceviche und tolle (Lulo)Säfte bekommen. Damit wurden unsere ersten drei Tage in Santa Marta ziemlich erhellt. Apropos erhellt – in Santa Marta haben wir fast jeden Tag miterlebt, dass es Stromausfälle gegeben hat. Zum Teil waren die recht kurz, zum Teil zog es sich aber auch über mehrere Stunden hin. Dass der Strom so lange weg ist, dass man nachts nur dank der Handytaschenlampe auf die Toilette finden konnte, haben wir eigentlich nur in unserer Kindheit erlebt und selbst damals hat der Ausfall kaum so lange angehalten (wobei wir auf keinen grünen Nenner ? kommen konnten, bis zu welchem Jahr Stromausfälle auch in Deutschland üblich waren).
Neben der Aktivität am Pool zu liegen, was wir doch für einige Stündchen betrieben haben ??? sind wir in den Tagen aber auch dazu gekommen unsere Weiterreise zu planen. Nachdem wir in Cartagena bereits die Rückflüge nach Europa gebucht hatten, haben wir nun die komplette Reiseroute (grob) festgelegt. So haben wir uns dazu entschieden noch zwei weitere Tage in Santa Marta zu bleiben, um einen Tagesausflug nach Minca zu machen und danach in die Caferegion nach Salento zu fliegen. Dort würden wir ein paar Tage bleiben und dann weiter in die Großstadt Medellín fahren. Von Medellín aus steuern wir dann unser letztes Weltreiseland –die USA– an, wo wir noch einen vierwöchigen Roadtrip machen, bevor es dann heim gehen soll. Einerseits haben wir uns schon bei der Planung total auf alle weiteren Ziele gefreut. Andererseits, ist es ziemlich gruselig das Ende der Reise zu planen, da wir uns zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wirklich vorstellen können, heimzufliegen. Aber die Gedanken wurden dann auch am nächsten Tag beiseite gelegt, denn für den Tag hatten wir eine Tour in die Bergwelten Mincas gebucht. Nach der einstündigen Taxifahrt rauf ins Dorf, gab es erstmal einen Kaffee. Nicht wie üblich in einem normalen Café, sondern direkt auf einer Kaffeefarm. Von hier aus hatte man einen tollen Ausblick, der bis nach Santa Marta zur Küste reichte und hier konnten wir neben den Kaffeesträuchern, auch die einzelnen Schritte, die zur Verarbeitung des Kaffees durchgeführt wurden, sehen.



Zwischen den Pflanzen fanden wir übrigens ebenfalls einen Kokabaum, als auch Canabis. Unser Guide hat auf die Feststellung hin nur gelacht und gemeint, dass beides ungetrocknet keinen Spaß bereiten würde ?. Um dann endgültig wach und fit für die anschließende Wanderung zum Wasserfall zu sein, gab es dann zum Abschluss des Besuchs noch eine Tasse frisch aufgebrühten Tinto für jeden. Die Wanderung führte uns dann auch erstmal durch den grünen Urwald Kolumbiens. Neben gigantischen Bambusbäumen finden sich hier auch echt dicke Lianen, mit denen man wie Tarzan herumschaukeln kann und tausende andere Pflanzen und Bäume, die wir so noch nicht gesehen hatten. Insbesondere denken wir dabei an die riesigen tränenförmigen Vogelnester, die von einer Art Papagei in einem gigantischen Baum zu finden waren. Der Wasserfall selbst war nicht wirklich etwas Besonderes und doch freuten wir uns über die Möglichkeit uns im kalten Nass abkühlen zu können.


Die anschließende Weg weiter zur Schokoladenfarm war viel schöner, als der erste Teil der Wanderung und führte uns über kleine Bäche und bergauf durch den Dschungel. An der Farm angekommen hatten wir wieder einen spektakulären Ausblick. Das war aber nicht alles was hier auf uns warten sollte. Nachdem wir einen kurzen Rundgang durch das Haus machten, dessen tragende Elemente komplett aus Bambus konstruiert sind (angeblich kann Bambus mehr Gewicht aushalten als Stahl), gesellte wir uns zu einem leckeren und ausgiebigen Mittagessen zusammen. Hierauf sollte der wohl beste Programmpunkt der gesamten Tour folgen. Neben einigen ziemlich interessanten Erläuterungen zur Flora und Fauna von Kolumbien sowie zu dem in Minca ansässigen Urvolk den Tairona, stand die goldene Kakaofrucht auf dem Lehrplan. Die nächsten 30 Minuten waren ein Traum. Um uns alle richtig einzustimmen, gab es erstmal einen kleinen Becher mit heißer Schokolade.



Dabei handelte es sich um einen Aufguss frisch geriebener, gerösteter Kakaobohnen mit Wasser. Milch tötet wohl die guten Inhaltsstoffe und somit den sogar gesundheitsförderlichen Effekt (Simone wusste es schon immer ?). Aber ehrlich gesagt, brauchte diese Schokolade auch gar keine Milch, da sie trotzdem unglaublich cremig schmeckte und durch die grobe Filterung des Getränks erstand eine ganz tolle Textur. Damit konnte man nun schon viel besser zuhören, als uns die Schritte erklärt wurden, um zu diesem finalen Endprodukt zu kommen. Am Anfang steht logischerweise die frische Kakaofrucht. Die rohen Bohnen sind zunächst erstmal weiße, glitschige Samen, die ziemlich ähnlich wie Mangosteen schmecken. Die Samen, bzw. Bohnen werden im ersten Schritt für eine Zeit lang getrocknet und erst dann geröstet und für die Verarbeitung geschält. Das coole an den Erläuterungen war, dass man ebenfalls eine Kostprobe der Zwischenprodukte bekommen hat und so feststellen konnte, wie die Kakaobohnen sich verändern. Das Highlight war dann aber logischerweise die letzte Kostprobe. Dazu wurden die gerösteten und geschälten Kakaobohnen in eine Art Fleischwolf gegeben und kleingemahlen. Dieses „Püree“ wurde uns dann zusammen mit frischem, ebenfalls gemahlenem Panela, eine Art Zuckerrohr, auf die Handfläche gegeben. Somit konnte man selber den Süßegrad bestimmen und eine kleine Kugel rollen, die mit einem Happs im Mund ländete. Am liebsten hätte Simone in diesem Moment eine riesen Pranke gehabt, wobei das auch nichts an der Menge veändert hätte, die jeder bekommen hat. Der Geschmack und die Textur waren einfach der Wahnsinn! Dabei schmeckt diese Schokolade viel mehr nach Kakao, viel intensiver und aromatischer, als wir es gewohnt sind, aber macht genau so süchtig. Übrigens wurde uns auch erklärt, dass frischer Kakao ein Aphrodisiakum ist, auf das schon die Urvölker gesetzt haben.
Danach war es Zeit die Rückreise anzutreten, wofür wir uns wieder mit zwei Franzosen aus unserem Hostel in ein Taxi quetschten. Wir hatten uns schon auf der Hinfahrt ziemlich gut verstanden und somit war auch die Rückfahrt schnell vergangen, sodass wir gemeinsam in den Pool springen konnten und eine Runde Wasserball spielten und abschließend mit einem kalten Bier anstießen. So nahm der Abend dann seinen Lauf und wurde ziemlich lang und feuchtfröhlich. Eigentlich nicht weiter besonders, aber anders als sonst, haben wir über viel mehr als die üblichen Reisethemen gesprochen. Wir haben ziemlich ehrlich über die Vorurteile und Vorbehalte von Franzosen und Deutschen gesprochen, über Politik und die Welt und dabei gemerkt, dass wir vier ziemlich gleich denken. Dass Europa für uns nicht nur eine Institution ist, sondern wir alle mehr oder weniger groß damit geworden sind, dass es keine physischen Grenzen mehr gibt und dadurch auch unsere Grenzen im Kopf viel bedeutungsloser sind. Und wir haben wieder einmal gelernt, dass Stigmata nicht auf alle zutreffen und Nationalität, auch wenn sie ihre Eigenheiten mit sich bringt, nicht den Charakter des Einzelnen bestimmt. So kam es dann auch, dass wir zwei Tage später im mehr als 1.000 Kilometer entfernten (Kolumbien ist echt riesig!!) gemeinsam mit einem älteren deutschen Abenteurer und einem Londoner, der aus Mauritius stammte, am Tisch saßen und unser Abendessen genossen. Wir vier hatten uns im leicht klapprigen Bus, der uns vom Terminal in Pereira in das schnuckelige Bergstädtchen Salento (liegt auf knapp 1.900 Meter) bringen sollte, kennengelernt.



Heute stand mit knusprigem Bacon umwickeltes Filet Mignon auf der Speisekarte, das von einer Kaffee–Rotwein–Himbeer Sauce begleitet wurde. Ganz schön dekadent, aber für 7,87€ ein super Preis–Leistungsverhältnis. Dass Kaffee in der Sauce gelandet ist, war sicherlich kein Zufall, denn das Städtchen Salento liegt Südwesten der Landes, in der Zona Cafeteria wo der großflächige Kaffeeanbau beheimatet ist. Für uns hielt die Ankunft in Salento erstmal einen großen Temperaturschock parat. Hatten wir insbesondere in den letzten beiden Tagen in Santa Marta noch bei mehr als 32 Grad geschwitzt, lag die Temperatur hier um die 20 Grad, sodass Simone auch mal wieder ihre Daunenjacke hervorkramen konnte. Für die Reise in diese Region hatten wir uns entschieden, weil uns so viele Reisende von der tollen und so anderen Natur vorgeschwärmt wurde. Außerdem ist Simone die Aussage im Kopf geblieben, dass man hier ein anderes Kolumbien vorfinden würde, als an der Karibikküste und das nochmal ein anderes Bild vom Land vermitteln würde. Genau das fanden wir dann auch. Das unglaublich satte Grün und die Berge, die die Landschaft bestimmten sind wirklich atemberaubend. Während unserer Wanderung durch das Valley Cocora am nächsten Tag machten wir immer mal wieder Halt, um die Aussicht zu genießen und dieses leuchtende Grün zu bestaunen. Dabei kamen uns dann aber auch Vergleiche, wie „eigentlich sieht es hier aus, wie in den Alpen, nur zusätzlich mit Palmen“.



Die fünfstündige Wanderung führte uns durch ganz verschiedene Teilabschnitte. Nachdem wir erst über das offene Feld liefen, an dem glückliche Kühe grasten, ging es weiter rein in den Wald, der durchzogen war mit kleinen Flüssen. Um diese zu überqueren gab es zum Teil ziemlich abenteuerliche Konstruktionen – aber wir waren ja inzwischen geübt und haben es ohne ein Bad ins Wasser hoch zum ersten Aussichtspunkt geschafft. Dort angekommen musste man ein Eintrittgeld zahlen, was aber wahlweise einen Kaffee oder eine Chocolate con Queso ? beinhaltete. Die Kolumbianer essen beides zusammen – also den Käse in der heißen Schokolade; wir bevorzugen eindeutig nebeneinander!


Das Highlight hier, war aber nicht das Getränk, sondern dass man hier Kolibris beobachten konnte ?. Diese unglaublich schönen und niedlichen Vögel sind nur auf den Amerikanischen Kontinenten beheimatet und scheinbar gibt es in den Urwäldern Kolumbiens einige von ihnen. Mit ihren bis zu 120 Flügelschlägen pro Minute (!) machen sie ganz schön Krach und hören sich an wie eine gigantische Hummel. Wahrscheinlich hätten wir hier noch den ganzen Tag bleiben können, so schön war es hier und so sehr haben uns die Kolibris fasziniert. Aber um den Rundweg zu schaffen, mussten wir dann doch los. Das Highlight der Tour kommt nämlich erst auf dem letzten Teilstück. Dort findet man bis zu 60 Meter hohe Wachspalmen, die überall in der hügeligen, grünen Landschaft verteilt sind. Die Bilder, die man im davon im Internet finden kann, sehen echt traumhaft aus – unsere eher etwas speziell. Das Wetter hatte sich nämlich ziemlich zugezogen und der Nebelwald machte seinen Namen alle Ehre.


Trotz des grauen Dunstes, war der Ausblick ziemlich faszinierend und die Tour hat sich alle mal gelohnt. Das gilt auch für die Regenponchos, die wir in weiser Voraussicht am Start für einen Euro erstanden haben. Denn trockenen Fußes sollten wir dann doch nicht davon kommen. Aber auch das war nicht weiter schlimm, weil es in unserer Unterkunft endlich mal wieder eine heiße Dusche gab (das ist in Kolumbien eher Glückssache).
Unseren letzten Tag in Salento wollten wir auch noch einmal im Grün verbringen, bevor es dann in die Megastadt Medellín gehen würde. In Salento werden einem überall Touren zu den nahegelegenen Kaffeebauern angeboten; dass man dorthin auch laufen kann, sagt einem aber kaum wer. Anders der Besitzer unserer Unterkunft, der uns eine ziemlich schöne Route erklärte. Auch wenn der Himmel schon wieder ankündigte, dass es später wohl wieder regnen würde, machten wir uns auf den Weg. Die Ausblicke waren echt traumhaft und wir stoppten immer mal wieder um das satte Grün zu bestaunen und Bilder zu machen.



An der Kaffeefarm angekommen kann man auch ohne Eintritt für die Führung zu zahlen, was trinken und dabei sogar Kolibris bestaunen – einen besseren Ort für eine Pause gibt es wohl kaum. Eigentlich wollten wir von der Farm aus weiter runter ins Tal gehen und am Fluss entlang wandern. Inzwischen waren die Wolken aber so grau und vereinzelte Blitze kündigten ein ordentliches Gewitter an. Daher nahmen wir dankbar das Angebot des Jeepfahrers an, der uns zurück in die Stadt brachte. Bereits auf der Hälfte der Fahrt ergoss sich dann der Himmel über uns und es kam ein nicht enden wollendes Gewitter herunter, das einen zweistündigen Stromausfall nach sich zog. Das Wetter in Kolumbien kann echt ganz schön extrem sein und ist wahrlich tropisch.
Die Zeit in Salento hat uns wirklich ziemlich gut gefallen und einen neuen, anderen Blick auf Kolumbien eröffnet.
Was wir in den kommenden Tagen in Medellín erleben sollten, davon berichten wir beim nächsten Mal.
Hasta luego
Simone